Inhaltsverzeichnis
Die Betriebsanleitung gehört zu den wichtigsten Bestandteilen der technischen Dokumentation und ist gesetzlich vorgeschrieben, sobald eine Maschine in Verkehr gebracht wird. Laut Maschinenrichtlinie 2006/42/EG muss die Anleitung alle wesentlichen Informationen enthalten, die zur sicheren und bestimmungsgemäßen Verwendung erforderlich sind. Dazu zählen unter anderem Angaben zur Montage, Inbetriebnahme, Bedienung, Wartung und Außerbetriebnahme sowie Hinweise auf bestehende Restgefahren.
In der Praxis entstehen Betriebsanleitungen jedoch häufig unter hohem Zeitdruck oder ohne klare Zuständigkeit. Sie werden nicht selten von Technikern, Konstrukteuren oder Servicemitarbeitern erstellt, denen zwar das Produkt im Detail vertraut ist, die jedoch keine methodische Ausbildung in technischer Kommunikation haben. Das führt zu typischen Fehlern, die nicht nur die Verständlichkeit einschränken, sondern im schlimmsten Fall sicherheitsrelevante oder haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.
Zielgruppe nicht eindeutig definiert
Ein häufiger Fehler besteht darin, dass die Betriebsanleitung ohne konkrete Zielgruppe verfasst wird. Die Inhalte richten sich weder klar an Bedienpersonal noch an Instandhalter oder qualifizierte Fachkräfte. Dadurch entstehen Texte, die entweder zu technisch und detailliert oder zu allgemein und oberflächlich sind. In beiden Fällen ist der praktische Nutzen für die tatsächlichen Nutzer eingeschränkt.
Die DIN EN ISO 20607 fordert, dass die Zielgruppe der Anleitung eindeutig bestimmt werden muss. Auch die Maschinenrichtlinie macht deutlich, dass Informationen verständlich, klar und zweckgerecht aufzubereiten sind. Die Sprache, der Detaillierungsgrad und die Auswahl der Inhalte müssen sich an den typischen Anforderungen und dem Vorwissen der jeweiligen Nutzergruppen orientieren.
Empfehlung
Bereits vor Beginn der Texterstellung sollte geklärt werden, wer mit der Maschine arbeitet, in welchen Situationen welche Informationen benötigt werden und welches Vorwissen vorausgesetzt werden kann. Eine praxisnahe Lösung besteht darin, Inhalte modular zu strukturieren, beispielsweise mit getrennten Abschnitten für Bedienung, Wartung und Fehlerbehebung. Das erleichtert die Orientierung und erhöht die Akzeptanz im Betrieb.
Sicherheits- und Warnhinweise unvollständig
In vielen Betriebsanleitungen sind sicherheitsrelevante Hinweise nicht eindeutig formuliert, fehlen ganz oder sind unklar platziert. Oft wird nicht deutlich, welche Gefährdung konkret besteht, wie sie sich vermeiden lässt und warum eine bestimmte Schutzmaßnahme notwendig ist. Auch visuelle Elemente wie Warnsymbole oder Signalwörter werden uneinheitlich verwendet oder nicht normgerecht umgesetzt.
Die Maschinenrichtlinie schreibt vor, dass alle Restgefahren, die trotz konstruktiver Maßnahmen verbleiben, in der Betriebsanleitung aufgeführt werden müssen. Die DIN EN ISO 20607 konkretisiert diese Vorgaben und beschreibt unter anderem, wie Warnhinweise zu strukturieren, zu formulieren und visuell zu kennzeichnen sind. Die Grundlage bildet dabei immer die Risikobeurteilung gemäß DIN EN ISO 12100.
Empfehlung
Im Kapitel „Allgemeine Sicherheit“ sollten grundlegende Hinweise zur Gefahrenvermeidung übersichtlich und verständlich erklärt werden. Dazu zählt auch eine Beschreibung der Struktur sicherheitsrelevanter Hinweise. Diese sollten nach dem SAFE-Prinzip aufgebaut sein, das sich in der technischen Dokumentation etabliert hat: Signalwort, Art der Gefahr, Folgen der Gefahr und Entkommen der Gefahr. Diese Systematik unterstützt eine einheitliche Darstellung und erleichtert das Verständnis im Betrieb. Die konkreten Hinweise in den einzelnen Handlungskapiteln sollten auf dieser Grundlage formuliert und konsequent aus der Risikobeurteilung abgeleitet werden. Einheitlichkeit in Sprache, Platzierung und Gestaltung erhöht die Wirksamkeit und fördern den sicheren Umgang mit der Maschine.
Struktur und Navigation mangelhaft
Eine fehlende oder unlogische Gliederung ist ein weiteres häufiges Problem. Wenn Kapitel unvollständig sind, sich inhaltlich überschneiden oder nicht den tatsächlichen Abläufen entsprechen, verlieren Nutzer schnell die Orientierung. Besonders in zeitkritischen Situationen, wie etwa bei Störungen oder Wartungsarbeiten, wirkt sich eine mangelhafte Navigation direkt negativ auf die Sicherheit und Effizienz aus.
Die DIN EN ISO 20607 verlangt eine klare, konsistente Struktur mit einem vollständigen Inhaltsverzeichnis. Die Kapitel sollten einem logischen Ablauf folgen und zentrale Themen wie Sicherheit, Montage, Betrieb, Wartung und Außerbetriebnahme klar abbilden. Die Maschinenrichtlinie verlangt zudem, dass alle relevanten Informationen leicht auffindbar und verständlich dargestellt werden.
Empfehlung
Eine gute Betriebsanleitung folgt einem nachvollziehbaren Aufbau, der sich an den tatsächlichen Abläufen im Lebenszyklus der Maschine orientiert. Eindeutige Kapitelüberschriften, Nummerierungen und eine konsistente Formatierung unterstützen die Navigation. In digitalen Dokumenten sollten klickbare Inhaltsverzeichnisse und Querverweise eingesetzt werden, um die Bedienbarkeit zu verbessern. Tabellen, Ablaufdiagramme und illustrierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen erhöhen zusätzlich die Praxistauglichkeit
Visualisierung und Bilder fehlen
Viele Anleitungen verzichten auf unterstützende Darstellungen wie Bilder, Grafiken oder Ablaufskizzen. Handlungsanweisungen bleiben dadurch abstrakt und schwer nachvollziehbar. Besonders bei komplexen Abläufen oder für visuell orientierte Nutzer fehlt eine unmittelbare Orientierungshilfe.
Die DIN EN ISO 20607 fordert eine verständliche, benutzerfreundliche Darstellung der Inhalte. Visuelle Elemente werden ausdrücklich empfohlen, um das Textverständnis zu verbessern und Informationen leichter zugänglich zu machen. Auch die DIN EN IEC/IEEE 82079-1 benennt Illustrationen als bewährtes Mittel zur Unterstützung der Verständlichkeit und Reduzierung textlicher Komplexität.
Empfehlung
Technische Abläufe, sicherheitsrelevante Handlungen oder Wartungsschritte sollten durch klare, gut platzierte Bilder oder schematische Darstellungen ergänzt werden. Verständliche Visualisierungen ersetzen oft mehrere Textabsätze. Das steigert nicht nur die Nutzerfreundlichkeit, sondern verringert auch den Umfang zu übersetzender Inhalte. Dadurch lassen sich Übersetzungskosten deutlich senken und der Pflegeaufwand bei mehrsprachigen Dokumentationen reduziert sich spürbar.
Übersetzungen fehlerhaft oder sprachlich unklar
Automatisierte Übersetzungen oder ungeprüfte Fachtexte führen häufig zu Formulierungen, die inhaltlich falsch oder schwer verständlich sind. Auch der Originaltext enthält oft stilistische oder sprachliche Mängel, die sich negativ auf die Verständlichkeit auswirken. Vor allem bei sicherheitsrelevanten Themen kann das zu Missverständnissen oder sogar Fehlhandlungen führen.
Die Maschinenrichtlinie verlangt, dass die Betriebsanleitung in der Amtssprache des Verwendungslandes zur Verfügung gestellt wird. Die DIN EN IEC/IEEE 82079-1 fordert darüber hinaus eine klare, sachliche, verständliche und zielgruppengerechte Sprache. Dies gilt sowohl für den Ausgangstext als auch für alle Übersetzungen.
Empfehlung
Bereits beim Erstellen der deutschen Originalversion sollte auf eine präzise, strukturierte und verständliche Sprache geachtet werden. Ebenso wichtig ist die Verwendung konsistenter Terminologie, insbesondere bei technischen Begriffen, Sicherheitshinweisen und Bedienanweisungen. Dies erleichtert nicht nur das Verständnis für den Anwender, sondern bildet auch die Grundlage für eine qualitativ hochwertige Übersetzung.
Für die Übersetzung eignen sich inzwischen auch KI-gestützte Systeme, sofern die erstellten Texte anschließend professionell überarbeitet werden. Eine praxistaugliche Vorgehensweise besteht darin, maschinell vorübersetzte Texte durch Fachübersetzer oder technische Übersetzungsbüros prüfen und freigeben zu lassen. Durch den Einsatz von Translation-Memory-Systemen kann dabei auf bereits freigegebene Formulierungen zurückgegriffen werden, was nicht nur die Konsistenz erhöht, sondern auch Kosten und Zeitaufwand reduziert.
Für komplexe oder sicherheitsrelevante Inhalte empfiehlt sich zudem eine abschließende Prüfung im Zielland, um landesspezifische Formulierungen und Regularien zu berücksichtigen und Missverständnisse zu vermeiden.
Inhalt nicht aktuell oder unvollständig
Nach technischen Änderungen an der Maschine wird die Betriebsanleitung oft nicht angepasst. Auch Softwareupdates, geänderte Schutzkonzepte oder neue Betriebsmodi werden häufig nicht dokumentiert. Dadurch entsteht eine Diskrepanz zwischen dem dokumentierten und dem tatsächlichen Zustand der Maschine.
Die DIN EN ISO 20607 fordert, dass die Anleitung den aktuellen Stand der Maschine abbildet. Änderungen an Funktion, Steuerung, Software oder Sicherheitskomponenten müssen nachvollziehbar dokumentiert werden. Nur so bleibt die CE-Konformität gewährleistet. Auch die Konformitätserklärung muss zur jeweils aktuellen Version der Maschine passen.
Empfehlung
Ein funktionierendes Änderungsmanagement stellt sicher, dass jede technische Änderung eine Prüfung der Dokumentation nach sich zieht. Dazu gehören Versionsvermerke, Änderungsdokumentationen und Freigabeprozesse. Je nach Komplexität der Maschine sollte die Anleitung modular aufgebaut werden, um gezielte Aktualisierungen zu ermöglichen
Fazit
Betriebsanleitungen erfüllen eine zentrale Funktion im sicheren Betrieb von Maschinen. Sie sind rechtlich verpflichtend, technisch anspruchsvoll und praktisch notwendig. Wer Betriebsanleitungen nur als notwendiges Übel betrachtet, übersieht ihr Potenzial zur Risikominimierung, zur Effizienzsteigerung im Betrieb und zur rechtlichen Absicherung. Darüber hinaus wirkt sich eine schlecht strukturierte oder unvollständige Anleitung oft negativ auf die Produktakzeptanz aus. Sie erschwert nicht nur die Inbetriebnahme und Bedienung, sondern kann auch das Vertrauen in das Produkt und die Kompetenz des Herstellers dauerhaft beeinträchtigen.
In der Praxis lassen sich viele typische Fehler vermeiden, wenn die Erstellung der Betriebsanleitung qualifizierten Fachkräften überlassen wird, die über eine entsprechende Ausbildung in technischer Redaktion verfügen. Eine zielgerichtete Struktur, normgerechte Sicherheitsinformationen, klare Sprache und ein funktionierendes Änderungsmanagement bilden die Grundlage für eine rechtssichere und praxisgerechte Anleitung.
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